Weniger als 20 Prozent aller Städte und Gemeinden befinden sich bislang in der Umsetzungsphase der Digitalisierung. Noch darunter liegt der Prozentsatz im Bereich der Friedhofsdigitalisierung. Das 2. Kölner Symposium des digitalen Friedhofs bot Expertenwissen und Raum fürs Netzwerken. Von Therese Backhaus-Cysyk.
„Wenn ich an den digitalen Friedhof denke, dann denke ich an …?“ Auf die Einstiegsfrage in das 2. Kölner Symposium des digitalen Friedhofs entfielen die meisten Antworten der Teilnehmenden auf „Arbeit“, „Planung“, „Vereinfachung“. Aber auch „Zeit“, „Verbindungsprobleme“ oder „Nachholbedarf“ wurden genannt. Einige Friedhöfe sind bereits auf einem guten Weg in die digitale Zukunft, auch dank der Unterstützung von PBSGEO-Geschäftsführer Stefan Schumacher und seinem Team.
Andere Friedhofsbetreiber zaudern noch. In wieder anderen Gemeinden ist die Transformation aufgrund der wirtschaftlichen Situation zurzeit auf Eis gelegt, war in Köln zu erfahren. Dass die digitale Transformation jedoch unaufhaltsam ist, darin waren sich alle Teilnehmenden einig und viele nutzen die Gelegenheit, sich in diesem Themenfeld weiter zu vernetzen. Daneben stanen innovative Vorträge auf dem Programm, wie beispielsweise ein Blick auf die aktuelle Praxis in Baden-Baden. Vier Säulen markierten den Weg zum digitalen Friedhofsplan in Baden-Baden: „Orientierung“, „Ausgangspunkt“, „Unterwegs“ und „Am Ziel“. Wer könnte besser über eine Idee sprechen als derjenige, der sie bereits umgesetzt hat. Und so sprach Frank Geyer, Leiter des Fachgebiets Friedhof bei der Stadt Baden-Baden, über die eigenen Erfahrungen auf dem Weg zum digitalen Friedhofsplan, der hier DigFried genannt wird. „In Baden-Baden gibt es elf städtische Friedhöfe mit 25.000 belegten Grabstellen“, erklärte Geyer. „Wir haben 1.000 Beisetzungen im Jahr und davon entfallen 85 Prozent auf Urnenbeisetzungen.“ Im Fachbereich Friedhof ist Geyer Chef über 19 Beschäftigte, davon sind sieben für Verwaltungsaufgaben und 12 für das Öffnen und Schließen der Gräber sowie für den Betrieb des Krematoriums zuständig. Nur noch ein geringer Teil der Friedhofsfläche wird selbst gepflegt. Der größte Teil ist extern vergeben. „Wir hatten eine 20 Jahre alte Friedhofsdatenbank mit Grabakten sowie handgemalte Friedhofspläne“, zeigt Geyer den Ausgangspunkt auf. Nach interner Orientierung war schnell klar, dass nur Spezialisten auf dem Weg in die Digitalisierung helfen konnten. „Mit Bordmitteln konnten wir die Aufgaben nicht meistern“. So kam zum einen das Team von PBSGEO mit seiner Expertise ins Spiel. Zum anderen lieferte die städtische Drohne hochauflösende Luftbilder als Hintergrundkartenmaterial. „Wir hatten in Baden-Baden über viele Jahre zu viele Köche. Nicht nur die Datenerfassung war uneinheitlich, es fehlten auch Daten oder sie waren fehlerhaft. So erstellte PBSGEO Grabstellen und verknüpfte diese. Zuerst auf dem Pilotfriedhof in Baden-Oos. Anschließend wurden zunächst die Ortsteilfriedhöfe angelegt. An wichtige Wegmarken erinnert sich Geyer: „Wir haben 25.000 Grabstellen in Eigenregie korrigiert. Drei Teams waren auf unseren Friedhöfen unterwegs, haben Daten abgeglichen, Grabstellen, die es nicht mehr gab oder die auf falschen Friedhöfen eingetragen waren, korrigiert“, zeigt Geyer auf. Am Ende stand dann ein komplett überarbeiteter digitaler Friedhofsplan, mit dem heute alle Mitarbeiter sowie die beteiligten Gewerke sehr gut zusammenarbeiten können. Mittlerweile haben wir auch viele naturnahe Grabfelder gestaltet, die in einem digitalen Plan einfach zu handeln sind, so Geyers Erfahrungen. Sein Fazit: Alle Beteiligten sollten so schnell wie möglich in den Prozess mit eingebunden werden. Es war viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Gerade in den Stadtteilen gab es Bedenken, nach dem Motto: „Brauchen die uns noch?!“. Trotz des erhöhten Arbeitsaufkommens während der Umstellung auf den neuen DigFried sieht Geyer langfristig: „Wir sparen Zeit ein, und unsere Nachfolger werden von der Umstellung noch profitieren, denn es gibt viele Synergieeffekte.“ Die nächsten Schritte hat Geyer auch schon im Blick, etwa das neue Bürgerauskunftssystem: Am Eingang des Friedhofs kann der Besucher einen QR-Code scannen und damit den Friedhofsplan einsehen. In Zukunft werden zudem Online-Grabreservierungen möglich sein.
Friedhof – ein komplexes System
Einen anderen Blick auf den Friedhof wagte Stefan Lubowitzki, Geschäftsführer der Weiher GmbH (Freiburg), die sich mit der ganzheitlichen Friedhofsentwicklung beschäftigt und dank umfangreichem Netzwerk helfen kann, Friedhöfe zu optimieren. Friedhöfe sind ein komplexes System. Und um das erfolgreich zu meistern, zeigte Lubowitzki die sogenannten sieben Dimensionen Friedhof genauer auf und stellte sie in den Zusammenhang. Zu den sieben Dimensionen zählen laut Weiher Grabangebot, Fläche, Aufenthalt, Marketing, Funktion, Zeit und in der Mitte die Wirtschaftlichkeit. Dennoch sind alle Dimen- sionen miteinander vernetzt, stehen im Zusammenhang. Mit dem Blick auf jede einzelne der sieben Dimensionen sowie auf fünf sogenannte Schlüssel – von Flexibilität und Reversibilität bis hin zum digitalen Friedhof – sei das komplexe System Friedhof erfolgreich steuerbar.
Sein Fazit: Von der Potenzialanalyse vor Ort, der Friedhofsplanung, der Umsetzung baulicher Maßnahmen, dem Optimieren von Gebührenstruktur und Satzung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit kann Lubowitzki und sein Team den Friedhofsbetreiber vor Ort unterstützen.
Digitale Sichtbarkeit von Friedhöfen
Kurze, verständliche Texte, sehr gute Bilder und eine klare Struktur – so stellt sich Tobias Pehle, Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur e.V., den Auftritt eines Friedhofs auf seiner Homepage vor. „Ein Google-Profil kann jeder Friedhofsbetreiber selbst anlegen!“ Wie sich Friedhöfe im Netz präsentieren, zeigte er mit einigen Beispielen den Zuhörern des Digital- Symposiums in Köln. „Nicht, um Fehler anzuprangern, sondern um zu zeigen, wo vielfach die Schwachpunkte liegen. Angehörige, die bei einem Todesfall oder im Vorfeld zur Recherche etwa nach Bestattungsmöglichkeiten im Netz suchen, wollen sich nicht durch elend lange Fließtexte wühlen. Eher: Viele Bürger wollen im Vorfeld wissen, welcher Pflegeaufwand fällt bei der gewünschten Grabform an“, zeigte Pehle auf. Wichtig sei zudem eine persönliche Kontaktadresse für die Klärung weiterer Fragen, vielleicht mit dem Hinweis: „Ich bin persönlich für Sie da: Nehmen Sie doch einfach Kontakt mit mir auf!“
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Quelle: Therese Backhaus-Cysyk, Friedhofskultur, Dezember 2024